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Splittraining: Ab wann sich ein Split lohnt

veröffentlicht von Timo Konzelmann

Für Anfänger ist der Ganzkörperplan der Klassiker. Doch nach einiger Zeit hegen viele den Wunsch
nach einem höheren Split. Doch ab wann macht das überhaupt Sinn?

Erinnert ihr euch noch an den ersten Plan, den ihr im Gym von eurem Trainer bekommen habt? In

den meisten Fällen dürfte dieser ungefähr so ausgesehen haben:

– Bankdrücken

– Latzug

– Kabelrudern

– Schulterpresse

– Kurzhantelcurls

– Trizepsstrecken am Kabel

– Beinpresse

– Crunches

Natürlich gibt es hiervon diverse Abwandlungen. Mal wird stärker auf Maschinen gesetzt, mal direkt

auf komplexe freie Übungen wie Kniebeugen. Mal sind Isolationsübungen für die Arme enthalten,

mal nicht. Im Kern ist die Idee aber immer gleich: Jede Muskelgruppe wird mit einer Übung trainiert,

selten sind es bei größeren Muskelgruppen wie dem Rücken auch zwei. Diesen Plan soll man dann

laut Empfehlung zwei bis drei Mal pro Woche trainieren. Soweit, sogut. Aber ist das nicht viel zu

wenig für die einzelnen Muskelgruppen? Ist es nicht viel sinnvoller, jeder Muskelgruppe einen

eigenen Trainingstag zu geben? Nein, sagen die einen und verweisen dabei auf das Model der

Superkompensation.

 

Stichwort Superkompensation

Das Model der Superkompensation wird heute vielfach kritisiert. Doch bevor wir uns mit dieser Kritik

auseinandersetzen, wollen wir erst einmal klären, worum es sich dabei eigentlich handelt und warum

es häufig als Argument für ein Ganzkörpertraining herhalten muss. Es geht zurück auf die

Untersuchungen von Jakovlev (1977), der die Folgen von körperlicher Belastung auf das Muskel- und

Leberglykogen bei Tieren beschrieb. Das Ergebnis: Eine starke körperliche Belastung bringt den

Körper aus dem Gleichgewicht, stört seine Homöostase. Das hat zur Folge, dass die Messwerte

zunächst einmal unter den Ausgangswert sanken, dann über diesen hinaus stiegen um letztlich

wieder auf dem Niveau vor der Belastung anzukommen. Man ging nun dazu über, diese Beobachtung

auf die Leistungsfähigkeit des Menschen zu übertragen. Das Prinzip ist dabei gleich: Nach einer

Belastung sinke die Leistungsfähigkeit zunächst ab, steige dann kurzfristig über das Ausgangsniveau

an und falle letztlich wieder auf dieses zurück.

mod1

Ob das Training nun langfristig erfolgreich sei oder nicht, hänge davon ab, den richtigen Zeitpunkt für

den nächsten Trainingsreiz zu finden. Gelinge das, also erfolge dieser Reiz zu einem Zeitpunkt, an

dem die Leistungsfähigkeit über dem Ausgangswert liege, so würde sie sich konstant verbessern.

mod2 

Erfolgt der nächste Trainingsreiz hingegen zu spät, würde sich nachhaltig kein Erfolg einstellen, da die

Leistungsfähigkeit immer wieder auf das Ausgangniveau herabsinke.

mod3

 

Noch schlechter sei es indes, zu früh neue Reize zu setzen, da der Körper dann nicht ausreichend Zeit

habe, sich zu erholen. Die Leistungsfähigkeit würde also absinken.

 Mod-4

Je nach Leistungsstand, Intensität und trainiertem Muskel ging man davon aus, dass ein Muskel

zwischen 24 und 72 Stunden brauche, um sich zu regenerieren. Dabei bezog man sich meist auf die

Proteinbiosynthese, also den Aufbau von körpereigenen Aminosäuren durch über die Nahrung

zugeführtes Protein. Folglich sei es auch sinnvoll, den nächsten Reiz eben idealerweise in diesem

Zeitfenster zu setzen. Wenn nun also jeder Muskel spätestens alle 72 Stunden trainiert werden soll,

gibt es kaum eine sinnvolle Alternative zum Ganzkörpertraining. Soweit die Theorie.

 

Die Sache hat einen Haken

Das Problem an der Sache ist, dass hier ein Model, welches zunächst einmal überhaupt nichts mit der

Leistungsfähigkeit des Menschen zu tun hat, auf diese übertragen und dann noch munter mit

anderen Aspekten wie eben der Proteinbiosynthese vermischt wird. Heraus kam ein anschauliches

Model, das aber zu Recht kritisiert wird. Denn tatsächlich wissen wir bis heute nicht genau, wie der

Muskelaufbau genau funktioniert. Die starke Vereinfachung in diesem Model hat zur Folge, dass viele

weitere Aspekte schlicht ignoriert wurden. So hatte man zwar ein Model, dass man Laien schnell

erklären konnte, wirklich gehaltvoll war es aber nicht.

 

Und doch macht das Ganzkörpertraining Sinn

Ist es also vielleicht doch sinnvoll, gleich mit einem 4er, 5er oder 6er Split loszulegen? Nein, ist es

nicht. Dafür gibt es gute Gründe, die viel banaler sind als das oben beschriebene Model. Fangen wir

bei der Motorik an: Die wenigsten Anfänger sind heute noch in der Lage eine einfache Kniebeuge

auszuführen. Auch wenn das für langjährig Trainierende oder schon immer sportliche aktive

Menschen schwer vorstellbar ist: Für die meisten Anfänger ist das Erlernen der Bewegungsabläufe

der Übungen eine anspruchsvolle Aufgabe. Daher macht es Sinn, diese Übungen möglichst oft

auszuführen und deren Anzahl zu begrenzen. Schauen wir uns nochmal den eingangs beschriebenen

Plan an, der für einen Anfängerplan schon komplex ist: Er enthält acht Übungen. Ein 4er Split würde

vermutlich bis zu 30 Übungen enthalten, deren Ausführung es zu erlernen gelte. Für Anfänger ist das

schlicht eine Überforderung. Weiterhin kann man jenseits aller Modelle durchaus die Frage stellen,

ob ein Anfänger nach einer Trainingseinheit der Zielmuskulatur wirklich eine Woche Regeneration

gönnen muss. In den seltensten Fällen dürften Anfänger eine Intensität aufbringen, die das erfordert,

allein schon, weil inter- und intramuskuläre Koordination noch nicht entsprechend ausgebildet sind.

 

Und ab wann splitten?

Ganz grundsätzlich fahren die meisten Anfänger mit einem Ganzkörperplan am besten. Dennoch gibt

es Gründe, die für einen Wechsel auf einen Split sprechen: Allen voran ist da der Aspekt der

Regeneration. Lassen wir mal alle Modelle außen vor: Wer sich nachhaltig nicht mehr progressiv

steigern kann, ständig verkaterte Muskeln hat, müde, träge und kränklich ist, dessen Regeneration

kommt vermutlich nicht mehr mit dem Training mit. Hier ist ein Split sicher eine gute Möglichkeit,

den Körper zu entlasten, denn kein Split ist intensiver als ein Ganzkörpertraining. Nicht minder

wichtig sind aber psychologische Aspekte: Wer so motiviert ist und so viel Zeit hat, dass er gleich

fünfmal pro Woche trainieren will, dem sollte man eben doch zu einem niedrigen Split raten, egal

wie fortgeschritten er ist. Denn Training soll bei Hobbysportlern vor allem auch Spaß machen.

Gleiches gilt für die soziale Komponente. Wenn eben alle Kumpels einen 3er Split machen, kommt

man vielleicht weiter, wenn man mit diesen zusammen trainiert, sich gegenseitig pusht und antreibt,

als wenn man stur auf seinen Ganzkörperplan beharrt und den alleine trainiert.

 

Fazit: Den allgemein richtigen Zeitpunkt gibt es nicht!

Vieles spricht dafür, Anfängern einen Ganzkörperplan zu geben. Wann nun der richtige Zeitpunkt ist,

auf einen Split umzustellen, lässt sich pauschal nicht sagen. Man kann auch nach vielen Jahren noch

sehr erfolgreich mit einem Ganzkörperplan trainieren, der Split ist also keineswegs notwendig, um

 

Fortschritte zu erzielen. Entscheidend ist, die Waage zwischen Dogmatismus und Übereifer zu finden

und dabei vor allem den Spaß nicht zu verlieren.

 

Quellen:

Jakovlev, N N (1977): Sportbiochemie. Barth, Leipzig 1977. Zugleich: Sportmedizinische Schriftenreihe

der Deutschen Hochschule für Körperkultur. Leipzig 1977, Band 14.

Autor: Thomas Koch www.ironhealth.de (Lizenzübernahme durch Übertragung Fitnessworld24.net auf Konzelmanns.de)

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