Creatin: Der Kraftbooster
In jeder Trainingshistorie gibt es Phasen, in denen man wöchentlich neue Rekorde aufstellt und auch solche, in denen sich wochen-, teils monatelang kaum etwas bewegt. Gerade in solchen Phasen bietet es sich an, den Fortschritten etwas nachzuhelfen – auf völlig legale und gesundheitlich unbedenkliche Art und Weise.
Wir hatten in vergangenen Artikeln ja bereits einige Male einen Blick auf die Energiebereitstellung unseres Körpers geworfen und auch heute werden wir nicht um einen kurzen Ausflug in die Biochemie herumkommen.
Treibstoff des Körpers
Bei Belastungen benötigt unser Körper schnell Energie. Diese gewinnt er grundsätzlich durch die Verwertung von ATP, genauer die Aufspaltung von ATP in ADP und einen Phosphatrest. Das gelingt in Bruchteilen einer Sekunde, was auch gut ist, denn anders wäre der Mensch vermutlich kaum lebensfähig. So schnell uns das ATP zur Verfügung steht, so schnell ist es aber auch wieder aufgebraucht, bei maximaler Belastung nach nur zwei bis drei Sekunden.
Um längere Belastungen am Belastungslimit zu ermöglichen, verfügt unser Körper zudem noch über einen Vorrat an Kreatinphosphat, welches der Körper gemeinsam mit dem ADP wieder in ATP umwandeln kann. Der Vorrat an Kreatinphosphat reicht gewöhnlich für sechs bis zehn Sekunden. Damit ist Creatin ein zentraler Faktor in der Energiebereitstellung des Körpers. Darüber hinaus ist Creatin noch für diverse weitere Funktionen zuständig, deren Erläuterung hier aber den Rahmen sprengen würde.
Masse und Kraft
Unser Körper ist in der Lage, Creatin selbst zu synthetisieren, dennoch benötigt er eine externe Zufuhr im Bereich von drei bis vier Gramm pro Tag, was in etwa 300 Gramm Fleisch oder Fisch entspricht. Wer sich ausgewogen ernährt und insbesondere tierisches Protein zuführt, muss sich über eine derartige Menge keine Gedanken machen. Dennoch kann es durchaus Sinn machen, zusätzlich Creatin zu supplementieren, denn Creatin darf mit wissenschaftlicher Bestätigung zu Recht die Königin der Supplements im Bereich Muskelaufbau und Kraftsteigerung genannt werden. In einem Positionspapier der International Society of Sports Nutrition [Buford et al. 2007] wird Creatin als das wirksamste Nahrungsergänzungsmittel zu diesen beiden Zwecken bezeichnet. Ferner wird klargestellt, dass Creatin aus zuverlässiger Quelle sicher im Sinne von gesundheitlich unbedenklich ist, sofern die Dosierungsempfehlungen eingehalten werden.
Durch die Einnahme eines Creatin-Supplements steigt die intramuskuläre Creatin-Konzentration, was zur Folge hat, dass die Muskelzellen länger auf einem energetisch betrachtet effizienteren Niveau arbeiten können. Darüber hinaus wird der Muskelfaserquerschnitt erhöht. [Syrotuik et al. 2004] Beides führt dazu, dass nicht nur die Muskelschnellkraft steigt, sondern auch die maximale Kraftleistung bei mehreren Wiederholungen, da die Ermüdung hinausgezögert wird. Nach dem Training mit Kohlenhydraten eingenommen, fördert Creatin darüber hinaus die Akkumulation von Glykogen in den Muskelzellen. [Robinson et al. 1999] Zusammen mit weiteren Wirkungsmechanismen wird so überdies die Regenerationsfähigkeit der Muskeln nach Belastung optimiert. Das sieht übrigens auch die strenge Health Clains Verordnung der EU so. [EFSA 2001]
Die richtige Dosierung
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gibt an, dass eine tägliche Aufnahme von drei Gramm Creatin notwendig ist, um leistungssteigernde Effekte zu erwirken. [Europäische Union 2012] Konkreter wird der Ernährungswissenschaftler Andreas Hahn von der Universität Hannover. „Eine kurzfristige Supplementierung von Kreatin (bis zu 8 Wochen) in Mengen von etwa 20 g/Tag in der ersten Woche und 3 g/Tag in der Erhaltungsphase, gilt als unbedenklich.“ [Hahn 2006]
Anzumerken ist, dass Hahn hierbei von einer klassischen Kur mit Frontload, also einer initiativ sehr hohen Dosierung ausgeht. Mittlerweile hat sich daneben eine Dauersupplementation mit jedoch deutlich geringeren Dosierungen im Bereich der von Hahn genannten Erhaltungsphase etabliert. Dieser weist diesbezüglich auf die nicht eindeutige Studienlage hin und verweigert daher eeine generelle Einnahmeempfehlung.
Eine Dosierung von 3 Gramm pro Tag kann aber als sicher empfohlen werden, so geschehen durch die EFSA 2004.
Non-Responder?
Einige Anwender halten sich für sog. Non-Responder, also Menschen, deren Körper nicht auf eine Supplementation mit Creatin anspringt. Das kann durchaus möglich sein, hat aber seine Ursachen zumeist in überhöhten Erwartungen oder einer bereits hinreichenden Versorgung mit Creatin.
Fazit: Creatin lohnt sich!
Creatin gehört nicht ohne Grund zu den bekanntesten Supplements. Im Verlgiehc zu vielen anderen Produkten ist die Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen und die Sicherheit bei korrekter Einnahme bewiesen. Bleibt die Frage, wann eine Einnahme von Creatin Sinn macht. Grundsätzlich ist es natürlich so, dass die positiven Effekte von Creatin dem Körper zu Gute kommen, ob man das nun an einer gesteigerten Kraft oder einer Wassereinlagerung, die durchaus vorkommen kann, merkt oder nicht. Wer darauf abzielt, der sollte über eine Dauersupplementation nachdenken. Wer jedoch etwas sucht, um Plateaus zu überwinden, der kann sich den Einsatz von Creatin aufsparen und eben genau dann als Kur einsetzen. Beide Vorgehensweisen sind denkbar und je nach Zielsetzung empfehlenswert.
Literatur:
Buford TW, Kreider RB, Stout JR, Greenwood M, Campbell B, Spano M, Ziegenfuss T, Lopez H, Landis J, Antonio J. International Society of Sports Nutrition position stand: creatine supplementation and exercise. J Int Soc Sports Nutr. 2007 Aug 30; 4: 6. www.jissn.com/content/4/1/6
EFSA Journal. Band 9, Nummer 7, 2011, S. 2303, (24 S.), doi:10.2903/j.efsa.2011.2303
EFSA Journal. Band 36, 2004, S. 1–6. doi:10.2903/j.efsa.2004.36
Europäische Union: Verordnung Nr. 432/2012 DER KOMMISSION vom 16. Mai 2012, S. L 136/15
Hahn, A: Nahrungsergänzungsmittel: und ergänzende bilanzierte Diäten. Wissenschafltiche Verlagsgesellschaft, 2006.
Robinson TM, Sewell DA, Hultman E, Greenhaff PL. Role of submaximal exercise in promoting creatine and glycogen accumulation in human skeletal muscle. J Appl Physiol. 1999 Aug; 87 (2): 598–604.
Syrotuik DG, Bell GJ. Acute creatine monohydrate supplementation: a descriptive physiological profile of responders vs. nonresponders. J Strength Cond Res. 2004 Aug; 18 (3): 610–617.
Autor: Thomas Koch www.ironhealth.de (Lizenzübernahme durch Übertragung Fitnessworld24.net auf Konzelmanns.de)